Die Stoa

Die Stoa Philosophie in kurzen Worten

Die Stoa ist eine griechische Denkschule der Antike von grossem Einfluss. Seinen Namen hat der Stoizismus vom griech. Stoa, was „Säulenhalle“ bedeutet, weil sein Gründer Zenon von Kition (333 – 262 v.) unter einer solchen auf der Agora, dem Marktplatz von Athen, lehrte. 

Die antike Philosophenschule sah ihre Hauptaufgabe darin, den Menschen zu lehren, wie sie glücklich werden können. Und zwar aus eigener Kraft, dauerhaft und zuverlässig. Um dies zu erreichen, empfahlen die Stoiker, sich ganz auf die eigene Seele zu konzentrieren und alles Äusserliche, also etwa Reichtum, Macht, Ansehen, aber auch Gesundheit, ja sogar den Tod als gleichgültig anzusehen. Die Seelenruhe und Gelassenheit, die aus einer solchen Haltung erwächst, war für die Stoiker die höchste Form des Glücks.

"Benimm dich im Leben wie bei einem Gastmahl. Eine Speise wird herumgetragen und gelangt zu dir: Du langst dir zu und nimmst mit Anstand davon. Sie wird vorübergetragen: Du hältst sie nicht zurück. Sie ist noch nicht an dich gekommen: Du unterdrückst dein Verlangen und wartest ruhig, bis sie an dich kommt. So mache es deinen Kindern, deinem Weibe, Ehrenstellen und Reichtümern gegenüber, und du wirst ein Tischgenosse der Götter sein." - Epiktet

Bekannte Stoiker sind neben dem Gründer Zenon von Kition, Kleanthes von Assos, Chrysippos von Soli, Poseidonios von Apameia, Lucius Annaeus Seneca, Epiktet und Marcus Aurelius um nur Einige zu nennen.

Die Lehre der Stoa

Die Stoa wird in drei Bereiche gegliedert: Zum einen die Physik, die sich mit der Welt und den materiellen Gegebenheiten beschäftigt, die Logik, die aus Dialektik, Rhetorik und der Erkenntnistheorie besteht und schließlich der Ethik, das Zentrum einer jeden Philosophie. Als einfache Zusammenfassung dieser Lehre dient die "Gartenmethapher":

 

Die Logik ist die Mauer, die den Garten umgibt. Sie begrenzt unser Erkennen und unsere Wahrnehmung. Sie bildet den Rahmen für Urteile und Schlüsse, unser Denken und schließlich auch ethisches, sittlich richtiges Handeln.

Der Baum im Garten entspricht der Physik. Er repräsentiert die Einheit von Gott und Natur, von Materie und göttlicher Idee, die Alles durchdringt (siehe logos). Darüber hinaus steht die Stoa für eine streng deterministische Weltanschauung, in der der Mensch und sein Handeln lediglich ein Teil einer langen Kausalkette sind, die er selbst nicht frei beeinflussen kann.

Die Frucht ist schließlich die Ethik. In ihr reift die Erkenntnis wie man im Einklang mit der „Allnatur“ ein gutes Leben zu führt, mit dem Ziel Tugenden wie Weisheit, Genügsamkeit, Leidenschaftslosigkeit und Gelassenheit zu erlangen.

Die Grundhaltung der Stoiker

Um die Philosophie der Stoa zu leben, genügt es nicht, ihre Prinzipien zu kennen; man muss sich ihre Haltung zu Eigen machen. Die Grundhaltung der Stoiker ist zunächst von (Seelen-) Ruhe geprägt. Jedoch hat die „Stoische Ruhe“ verschiedene Facetten, die durch drei Begriffe zum Ausdruck gebracht wird, die sich überschneiden und zusammenhängen: Ataraxia, Apatheia und Autarkeia. 

Ataraxia – Unerschütterlichkeit gegenüber den Widrigkeiten des Lebens

Die Stoiker haben die Affekte (Gemütserregungen wie Zorn, Hass oder Angst) immer als eine Gefährdung ihrer Seelenruhe angesehen. Nur wer seine Affekte durch richtiges (vernünftiges) urteilen überwindet, wird tugendhaft. Das Ziel besteht dabei allerdings nicht im Unterdrücken oder Verbergen jeglicher Emotionen. Was der moderne Stoiker anstrebt, ist eine Grundstimmung, dem die Alten die Bezeichnung „Seelenruhe“, „Gemütsruhe“ oder vielleicht sogar „Glückseligkeit“ verliehen hätten. Während die Mitglieder unserer Gesellschaft heute ständig aktiv und rastlos sind, zeigt sich der Stoiker unerschütterlich.

Apatheia – Selbstdisziplin und massvolle Haltung

Apatheia bedeutet eine Grundhaltung, die auf Selbstdisziplin und Mässigung beruht. Der Stoiker ist kein Asket, aber er wird in allem, was er tut, Mass halten. Er kann Essen geniessen, es sollte aber nicht in Völlerei ausarten. Er kann freudig arbeiten, sollte aber nicht in Arbeitswut verfallen. Dem angehenden Stoiker wird geraten, die Dinge nicht mit zu viel Leidenschaft anzugehen, heute würde man sagen: es nicht zu übertreiben. Das Leben ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf, bei dem durch leidenschaftliche Aufwallungen nur Kräfte vergeudet werden, die bei einer gleichmäßigen massvollen Einteilung viel weiter reichen können. 

Autarkeia – Selbstbestimmtes Urteilsvermögen

Die stoische Grundhaltung der Autarkie (nach dem heutigen Verständnis von Selbstständigkeit, Selbstbestimmung oder Selbstgenügsamkeit) kann leicht zu Missverständnissen führen. Denn Autarkie bedeutet nicht, dass dem Stoiker die Meinungen und Ansichten anderer egal wären. Gleichgültigkeit ist nie ein Ideal der Stoiker gewesen. Im Gegenteil: Man sollte immer die Meinungen anderer einholen. Denn zu einer ausgewogenen vernünftigen Situationsanalyse, die dem Stoiker jederzeit angeraten ist, gehört auch die Berücksichtigung der Ansichten anderer, um ein realistisches Meinungsbild zu erhalten. Allerdings sollte man nie Meinungen anderer ungeprüft übernehmen (indem man z.B. Vorurteile gegenüber Dritten verbreitet) oder sich von den Ansichten anderer abhängig machen.

Die Kardinalstugenden gelten auch für die Stoa

Der Weise lebt in Übereinstimmung mit der Natur, die mit der Vernunft und gleichzeitig mit der Tugend identifiziert wird, dem höchsten Gut der Stoiker. In allen seinen Handlungen zeigen sich in gleichem Masse alle vier Kardinaltugenden: die Weisheit, die Tapferkeit, die Mässigung und die Gerechtigkeit.

Weisheit (lat. prudentia) / (gr. phronesis) meint im antiken Verständnis nicht so sehr eine wissensbasierte, sondern eine angewandte, praktische Weisheit, d.h. eine durch Erfahrung gewonnene Lebensklugheit. Sie zeigt sich in einer Abgeklärtheit im Sinne einer inneren Reife, die zugleich auch alle anderen Tugenden umfasst.

Mässigung (lat. temperantia) / Selbstbeherrschung (gr. enkrateia) ist eine weitere wichtige charakterliche Fähigkeiten für einen Stoiker, um – auch in schwierigen Situationen – eine vernünftige Entscheidung treffen zu können.

Tapferkeit (lat. fortitudo) / Mut (gr. andreia) meint heute so etwas wie (Zivil-) Courage. Es ist der Mut, das Richtige zu tun, auch (und gerade) wenn man dafür sogar die eigenen Vorurteile in Frage stellen und über den eigenen Schatten springen muss.

Gerechtigkeit (lat. iustitia) (gr. dikaiosyne) könnte man heute besser mit Fairness übersetzen. Es ist die Fähigkeit, mit anderen gut umgehen zu können, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen, sich ihnen (unabhängig von ihrem Status und Ansehen) freundlich zuzuwenden und sie anständig zu behandeln.